Der Verein „Weindorf Hallgarten“ e.V. – ein ziemlich einmaliges Konstrukt

Der Verein „Weindorf Hallgarten“ e.V. ist ein „Kind“ der Gebietsreform in Hessen, in deren Folge die einstmals selbstständige Gemeinde Hallgarten ihre Selbstständigkeit verlor und am 1. 1. 1977 nach Oestrich-Winkel eingemeindet wurde.

Im Vorfeld des sich abzeichnenden Verlustes der Selbstständigkeit gab es im Gemeindevorstand zahlreiche Überlegungen, wie aus der Situation für Hallgarten noch das Beste zu machen sei.

Die Hallgartener und ihre gewählten Vertreter hatten zuvor nichts unversucht gelassen, die drohende Eingemeindung zu verhindern.

So führte ein Demonstrationszug mit Schleppern und Fahrzeugen von Hallgarten bis auf den Schlossplatz nach Wiesbaden, um energisch den Unwillen der Einwohner über die politische Entscheidung kund zu tun.

Des Weiteren wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben, dass belegen sollte, dass Hallgarten als selbstständige Kommune in allen Bereichen gut aufgestellt und auch in Zukunft durchaus „lebensfähig“ sei. Insbesondere die niedrige pro-Kopf-Verschuldung infolge einer soliden Haushaltsführung sah man als Vorteil.

Letztendlich wurde sogar der Gang vor das Bundesverfassungsgericht angetreten, um die Eingemeindung zu verhindern – vergebens. Nachdem alle Mittel ausgeschöpft waren, stellte man sich der Realität und begann nach Lösungen für die Zeit „danach“ zu suchen.

Dabei kam, maßgeblich initiiert von dem damaligen Ersten Beigeordneten Hans Jandl, die Idee auf, einen Verein zu gründen, der die Interessen Hallgartens auch in Zukunft wahrnehmen sollte.

Für den 6. Mai 1976 lud der damalige Bürgermeister, Herr Philipp Freimuth, die Herren Dr. Hans Ernst, Dr. Nikolaus Steinberg, Dipl. Päd. Hans Jandl, Christoph Bildesheim, Josef Semmler, Hauptlehrer Eugen Otzipka und Dr. med. Hans Ernst zu einer Versammlung ein, die als Ziel die Gründung des Vereins „Weindorf Hallgarten“ e.V. zum Ziel hatte. Am Ende des Abends war die Gründung beschlossen und Bürgermeister Freimuth zum Ersten Vorsitzenden gewählt worden. Alle anderen Beteiligten waren in unterschiedlichen Funktionen in den neuen Verein eingebunden.

Die erste Satzung hatte Hans Jandl entworfen und darin auch das bereits oben erwähnte Hauptmotiv zur Gründung in § 3 der Satzung festgeschrieben.

Im Vorfeld hatte man bei der Aufsichtsbehörde, dem Landrat des Rheingaukreises, klären lassen, ob ein solcher Verein aus rechtlichen Gründen die beabsichtigen Aufgaben wahrnehmen könne. Der Tenor war: Das hatten wir so noch nicht, prüfen es aber. Hans Jandl hatte diese Verhandlung mit dem Kreis geführt. Im Ergebnis sprach nichts gegen die Gründung eines Vereins mit dieser Zielsetzung.

Wäre die Zustimmung verweigert worden, hätte man das Projekt nicht weiter verfolgt.

In der Folge übertrug die Gemeinde Hallgarten dem Verein Grundstücke und anderes Eigentum zur ausschließlichen, satzungsgemäßen Nutzung. Auch Räume im Rathaus wurden für ein geplantes Ortsarchiv zur Verfügung gestellt.

Dies versetzt den Verein wirtschaftlich in die Lage, zahlreiche Projekte in und für Hallgarten zu realisieren, für die sonst oft die Mittel fehlen. Eine Aufstellung finden Sie unter „Unsere Leistungen“.

In dem später geschlossenen „Auseinandersetzungsvertrag“ zwischen der Gemeinde Hallgarten und der Stadt Oestrich-Winkel wird in § 20 festgehalten, dass der Verein „Weindorf Hallgarten“ mit der Wahrnehmung der Interessen und Rechte aus diesen Vertrag beauftragt wird.

Dies macht unseren Verein ziemlich einmalig in Deutschland. Uns ist kein Verein bekannt, der auf eine ähnliche Entstehungsgeschichte zurückblicken kann und eine solche Rechtsstellung besitzt.

Der Verein wurde zunächst durchaus argwöhnisch beäugt und war manchen ein Dorn im Auge. Er  hat seitdem unter bislang  erst drei Vorsitzenden (auf Philipp Freimuth folgte Dr. Josef Roßkopf) zahlreiche Initiativen für Hallgarten angestoßen und erfolgreich verwirklich. Wir versprechen, dies auch in Zukunft für unser Heimatdorf Hallgarten, ganz im Sinne der Gründungsmitglieder, zu tun.

                                                                                                               

Stefan Weser, 1. Vorsitzender